Kleine Verarztung für unseren Kurt

„Solche Kontakte sind Gold wert. Wir brauchen viel mehr Austausch mit der Community.“

Es war etwa zwei Wochen vor unserem geplanten Urlaub, als uns die Hiobsbotschaft ereilte, dass Kurt vier neue Radlager benötigt. Die Kosten beliefen sich laut MAN, auf eine mittlere vierstellige Summe. So kurz vor dem geplanten Urlaub und nach so kurzer Zeit als stolze LKW-Besitzer bereits so einen Rückschlag zu erleben, deprimierte uns dann doch ein wenig. Zudem teilte uns MAN selbst mit, dass die Ersatzteile zum jetzigen Zeitpunkt nicht lieferbar wären, weshalb sich Sandro ratsuchend an die Facebook-Community wendete. Natürlich freuten wir uns auf unseren Urlaub, allerdings nicht um jeden Preis. Wir wollten ein technisch sicheres Fahrzeug fahren, welches uns wohlbehalten an unsere Ziele bringt. Und so fanden wir ihn- Marcel. Marcel besitzt ebenfalls einen MAN G90, den er aktuell noch verschönert und reisefertig macht. Er bot uns an, ihn in der Nähe von Augsburg in seiner Werkstatt zu besuchen, um gemeinsam nach Kurt Problem zu schauen. Ein Angebot, das wir gern annahmen und so starteten wir am 18.07. unsere Tour nach Augsburg. 

Es war schon dunkel, als wir an der Werkstatt eintrafen. Dort begrüßte uns Marcel mit einem leckeren und verdienten, kühlen Bier. Die Männer besprachen die grobe Planung der nächsten Tage und wir lernten uns etwas näher kennen. Die zwischenmenschliche Chemie stimmte sofort, weshalb wir von Anfang an ein gutes Gefühl hatten.

Der erste Tag begann mit einer reinen Diagnostik, wie man in der Medizin sagen würde. Die Männer begannen, das linke Vorderrad und alle weiteren Teile bis zum Antriebsstrang herunter zu bauen, um zu schauen, was unserem armen Kurt überhaupt fehlt. Bereits nach Abnahme der Bremstrommel konnte man behaupten, dass es nicht das Radlager war. Das Problem war das Nadellager, welches defekt war. Dieses war durch einen Aluring eingepresst, welche allerdings aktuell nicht verfügbar ist. Ein erneuter Rückschlag und die Männer dachten darüber nach, wie sie nun weiter vorgehen können. 

Zunächst war es für uns eine enorme Erleichterung, dass es sich bei dem Defekt nicht um die Radlager handelte, da diese mit einem höheren finanziellen und vor allem arbeitszeitlichem Aufwand verbunden wären. Das Nadellager würde mehr in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn wir in absehbarer Zeit längere Offroad-Strecken planen. Da dies für dieses Jahr allerdings nicht mehr geplant ist, stand unserer Weiterfahrt und dem anschließenden Urlaub nichts im Weg. Wir ließen den letzten Abend mit Marcel und seiner Frau bei einem gemütlichen Grillabend zu viert ausklingen, nachdem die Männer unseren Kurt wieder zusammengebaut haben.

Auch wenn wir nicht den geplanten Effekt erzielen konnten, sind wir Marcel unglaublich dankbar. Dankbar dafür, dass er Sandro so viel Wissen mitgegeben hat, dass er mit Hilfe nun deutlich mehr am Fahrzeug selbst machen kann als zuvor. Dank Marcel konnte das Verständnis für einzelne Prozesse am Fahrzeug überhaupt ausgebildet werden. Wir setzten unsere Reise mit deutlich mehr Wissen und Erfahrung fort.

Nun stellt sich natürlich die Frage, was die Mädels in der Zwischenzeit gemacht haben. Ayla hat mich tatkräftig im Inneren von Kurt unterstützt. Die meiste Zeit verbrachte ich am Laptop, denn die Deadline zur Abgabe meiner Bachelorarbeit rückte immer näher und was soll ich sagen? Ich habe meine Bachelorarbeit auf einem ehemaligen Werksgelände im LKW fertig geschrieben. Zu Hause am Schreibtisch wäre ja langweilig gewesen. Ayla wich keine Sekunde von meiner Seite und leckte mir die eine oder andere Verzweiflungsträne weg, wenn in meinem Kopf Schreibchaos herrschte.

Am Abend vor unserer Abreise verabschiedeten wir uns herzlich von Marcel und wussten, dies war nicht unser letztes Treffen mit ihm. Nicht nur, weil er Sandro jede Menge Wissen mitgegeben hat, sondern weil es immer wieder wunderbar ist, durch eine gemeinsame Leidenschaft so tolle Menschen kennenzulernen. Das ist das Schöne an dieser Community.

Zu guter Letzt fuhren wir noch einmal nach Augsburg auf den Campus, um meine Bachelorarbeit binden zu lassen. Nach den hitzigen und turbulenten Tagen konnte unser Grinsen nicht breiter sein, als wir uns mit jeder Menge Erfahrung und fertig gebundener Bachelorarbeit bei einem nahegelegenem Italiener niederließen bei einer riesigen Portion Pizza und Spaghetti. Nun konnte es weiter zu unserem nächsten Halt gehen, in Sandros Heimat, ins hessische Haunetal. Wir freuten uns sehr auf unsere Weiterfahrt, auch wenn die Sonne erbarmungslos brannte. Denn eins stand fest- Augsburg, wir sehen uns wieder.