Enjoy every roadtrip- it could be the last one

„Was bin ich froh, dass wir mit ihm noch mal fort gefahren sind.“

Knapp 2 Wochen war es her, dass „Kurt“ nun fester Bestandteil in unserem Leben ist. 2 Wochen mit jeder Menge Schönheitsreparaturen lagen hinter uns. So verliehen wir dem doch etwas kahleren alten Herren eine Persönlichkeit. Natürlich durften neben Vorhängen auch all unsere Ansichtskarten, Schilder und Fotos nicht fehlen. Aber was darf in einem Campermobil auf keinen Fall fehlen? Eine Lichterkette natürlich! Liebevoll brachten wir immer mehr kleine Details an. Und was soll ich sagen? Wir sind noch lange nicht fertig mit der Verschönerung unseres alten Herren. 

Zeitgleich begannen wir damit, „Albert“ auszuräumen und für den Verkauf zurecht zu machen. Nun ist er leer und blitzeblank in der Hoffnung, dass er bald einen neuen Besitzer findet, der ihn genauso zu schätzen lernt, wie wir es taten. Doch vergessen werden wir ihn wohl nie und so zogen jede Menge Camping-Utensilien vom Van in den LKW. Zusammen mit einigen Schätzen aus meiner ehemaligen Wohnung sind wir nun gut ausgerüstet und reisebereit. 

Anlass genug für uns zu überlegen, wohin uns unser erster Roadtrip mit „Kurt“ führen sollte. Wir entschieden uns für einen uns bereits bekannten Klassiker- das hessische Haunetal. Diese Reise traten wir bereits zum Jahresanfang mit „Albert“ an- unser erster und leider einziger gemeinsamer Roadtrip mit dem Van. Doch nach Nostalgie folgt bekanntlich Vorfreude und so brachen wir an einem Freitagabend nach Hessen auf. Ebenfalls an Bord war auch unser Jack Russell Terrier „Fredo“. Wir legten großen Wert darauf, ihn von Anfang an überall mitzunehmen, um ihn an das Reisen und das Leben im LKW zu gewöhnen. Fredo liebte die Fahrten. Binnen kürzester Zeit wurde er vom quengelnden Beifahrer zum Reisehund, der die Aussicht aus dem großen Fenster genießt und durch Schaukelbewegungen des LKW’s wunderbar schlafen konnte. Im Haunetal angekommen, war es einfach schön, in all die freudigen Gesichter zu blicken, die uns Sandros Freunde und seine Familie zuwarfen, die wir ein halbes Jahr knapp nicht mehr gesehen haben. Ausgiebige Room-Touren durften genauso wenig fehlen wie das gemütliche Beisammensitzen mit Bier und Gin Tonic und das Schwelgen in Erinnerungen an Sandros Vergangenheit in Hessen. Wir fuhren die schönsten Plätze rund um die Haune ab und überall, wo wir uns angekommen fühlten, hielten wir, machten ein Lagerfeuer, spielten mit Fredo oder bastelten am LKW. Wir waren glücklich, wir fühlten uns zu dritt verbundener denn je und wir kamen zurück mit aufgeladenen Akkus, einem Lächeln auf den Lippen und einem gesunden Maß an Motivation für unsere weiteren Aufgaben, die auf uns warteten. Doch es sollte anders kommen…

Es war ein sonniger Morgen und mein Frühdienst wartete auf mich. Sandro war bereits unterwegs zu seinem Dienst, als ich Fredo bei meiner Oma abgab, dass er während meiner Arbeitszeit nicht allein ist. Es war ein Dienst wie jeder andere auch, ohne besondere Vorkommnisse. Bis der Anruf kam. Der Anruf, der in mir alles zusammen schnürte, mir die Luft zum atmen nahm und meine Welt zusammen brechen ließ. Es war der Nachbar meiner Eltern, der mir mitteilte, dass unser geliebter Fredo nicht mehr am Leben ist. Es gab keine Erklärung dafür, wie ein völlig gesunder Hund so urplötzlich sterben konnte. Wie ich mich fühlte, kann ich mit Worten nicht ausdrücken. Ich rief mit letzter Kraft und verbleibender Stimme eine gemeinsame Freundin an und bat sie, mich abzuholen und zu Sandro zu fahren, da ich nicht in der Lage war, geradeaus zu gehen, geschweige denn ein Auto zu bedienen. Bei Sandros Arbeitsstelle angekommen, war ihm schon von Weitem anzusehen, dass seinem Gesicht deutlich die Farbe vom Morgen fehlte. Wir waren leer, fassungslos, verzweifelt… Wir fuhren zu meinen Eltern, wo Fredo gemeinsam mit meiner Oma seine letzten Stunden verbracht hatte. Als sie uns erklärten, wie es dazu kam, fielen wir fast vom Glauben ab, doch es gab keinen Zweifel an dieser Erklärung. Fredo starb nicht, weil er krank war. Er hat einen Giftköder zu sich genommen. Ein Mensch hat ihn auf dem Gewissen. Seit dieser Gewissheit kreisen meine Gedanken. Was wäre passiert, wäre einer von uns zu Hause gewesen? 

Hätte man seinen Tod verhindern können? Jede Menge Schuldgefühle, Trauer, aber auch Wut umgeben mich bis heute. Und wir haben jede Menge Fragen. Fragen an diesen Menschen. Wie viel Hass muss man empfinden, um den Schritt gehen zu können, in Tötungsabsicht Köder zu präparieren? Wir werden es vermutlich nie verstehen. Das war er also- der erste und einzige Roadtrip mit unserem geliebten Fredo. Wir sind unglaublich froh, dass wir das Abenteuer mit ihm beginnen durften. Es wird noch lange dauern, diesen schweren Schicksalsschlag verarbeiten zu können. Er zeigte uns, dass jeder Roadtrip der Letzte sein kann. Wie endlich einfach alles um uns herum ist und wie ungerecht das Leben sein kann. Leb wohl, kleiner Fredo. Wir vermissen dich jeden Tag!